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Tagungs- und Exkursionsberichte 

Eine Residenzstadt im 17. Jahrhundert. Tagesexkursion nach Oldenburg am 30. Mai 2024

Das Hauptportal des Oldenburger Schlosses (Foto: Lewerentz)

Mit dem Fokus auf die Geschichte der Stadt Oldenburg im 17. Jahrhundert begaben sich am Donnerstag, den 30.05.2024, 20 Studierende unter der Leitung von Marcel Lewerentz und Hjördis Bohse sowie in Begleitung des Tutors Luca Schleibaum auf eine Exkursion. Ein Schwerpunkt lag hierbei insbesondere auf der Herrschaft des letzten Grafen von Oldenburg, Anton Günther (1583-1667). Eine historische Stadtführung und der Besuch des Oldenburger Schlosses mit einer Führung durch die Ausstellung des Landesmuseums sollte uns jene Blütezeit näherbringen. Graf Anthon Günther ist nicht nur der bekannteste, sondern auch der bedeutendste Graf von Oldenburg und bleibt bis heute eine zentrale Figur im kollektiven Gedächtnis der Stadt. 

Nach unserer Ankunft in Oldenburg startete die Exkursion am Stadtschloss mit einer Stadtführung, die von einem Darsteller in der Rolle des Anthon Günther geleitet wurde. Der Stadtführer Dieter Hähnel vermittelte uns durch seine Verkleidung und seine Erzählung aus der Ich-Perspektive ein lebendiges Bild vom Leben und Wirken Anton Günthers. Diesem Grafen ist es zu verdanken, dass die Grafschaft Oldenburg und ihre Bevölkerung nahezu unbeschadet durch den Dreißigjährigen Krieg kamen. Dies gelang ihm durch die Ausstellung von Schutzbriefen, der Wahrung von Neutralität sowie durch diplomatisches Geschick. Er legte auch den Grundstein für die Oldenburger Pferdezucht, die heute im internationalen Spitzensport führend ist. 

Nach einer Einführung zu Graf Anton Günther vor dem Stadtschloss führte uns der Weg durch die Oldenburger Innenstadt zur St. Lamberti Kirche. Sie ist die älteste Kirche Oldenburgs und stammt in ihrer ersten Form aus dem Hochmittelalter. Der heute zu besichtigende Innenraum der Kirche stammt aus dem 18. Jahrhundert. Er ist in Form einer klassizistischen Rotunde mit Kuppel gestaltet und nach Westen ausgerichtet. Die Kirche beherbergt noch heute die Grabstätte von Graf Anton Günther und seiner Frau Prinzessin Sophie Katharina. 

Anschließend ging es weiter zum historischen Rathaus von Oldenburg. Im Jahr 1635 wurde das erste Rathaus im Renaissance-Stil erbaut. Dieses Gebäude wurde 1886 abgerissen und durch ein neues Rathaus mit dreieckigem Grundriss ersetzt, das 1888 eingeweiht wurde. Bei den restauratorischen Untersuchungen im Jahr 2005 wurden im Sitzungssaal reich verzierte Wandmalereien aus dem Jahr 1887 entdeckt, die im Laufe der Zeit übermalt worden waren.

Im Schloss Oldenburg (Foto: Lewerentz)

Als nächster Programmpunkt der Tagesexkursion stand eine Führung durch das Oldenburger Schloss an, welches einst als großherzogliches Herrscherhaus diente. Heute beherbergt es das Landesmuseum für Kunst und Kultur. Unter der Regentschaft von Graf Anton Günther wurde die alte Wasserburg in ein repräsentatives Residenzschloss umgebaut und mit einer Fassade im Stil der Renaissance versehen. Während der Führung wurde uns die Entwicklung der Grafschaft Oldenburg im 17. Jahrhundert nähergebracht: Neben seiner Rolle als Pferdezüchter erlangte Graf Anton Günther auch Anerkennung als Deichbauer. Nachdem sein Vater, Graf Johann VII von Oldenburg, 1575 das Jeverland geerbt hatte, war eine Landverbindung erforderlich, um den Zöllen an den ostfriesischen Grenzen zu entgehen. Anton Günther setzte die Deichbauprojekte seines Vaters erfolgreich fort, um die Landgewinnung voranzutreiben. 

Schließlich erwies sich Graf Anthon Günther durch seine geschickte Zollpolitik, die sich äußerst vorteilhaft auf die gräflichen Finanzen auswirkte. Ab 1612 wurde für alle Handelsschiffe, die die Unterweser befuhren, der Weserzoll eingeführt. Während die Zolleinnahmen im ersten Jahr nach der Einführung lediglich 545 Taler betrugen, stiegen sie bis 1667, dem Todesjahr von Graf Anton Günther, auf beeindruckende 19.636 Taler an.  Nach seinem Ableben erlosch die Linie des Oldenburgischen Grafenhauses, wodurch das Land Oldenburg unter dänische Herrschaft fiel. Sein Sohn Anton von Aldenburg entsprang einer nicht standesgemäßen und nicht legitimierten Verbindung mit Elisabeth von Ungnad, weshalb dieser als rechtmäßiger Nachfolger nicht berücksichtigt werden konnte. Seine Ehe mit Sophie Katharina blieb kinderlos.

Während der sogenannten „Dänenzeit“ von 1667 bis 1773 verwalteten insgesamt 15 Statthalter die oldenburgischen Grafschaften unter dänischer Regentschaft. Diese Periode war geprägt von Krisen: Die Pestepidemie im Jahr 1667 forderte über 400 Menschenleben und während einer großen Brandkatastrophe von 1676 wurde ein erheblicher Teil der Stadt zerstört. Nachdem die Grafschaft Oldenburg-Delmenhorst im Rahmen eines Tauschvertrags 1773 zunächst an das russische Zarenreich und dann an eine im Fürstbistum Lübeck regierende Nebenlinie übergegangen war, wurde Oldenburg ein Jahr später durch Kaiser Joseph II. zu einem Herzogtum erhoben. Diese zahlreichen herrschaftlichen sowie politischen Veränderungen markierten eine Phase des Umbruchs für das Herzogtum Oldenburg und seine Bürger.

Die Exkursionsgruppe der Frühen Neuzeit in Oldenburg (Foto: Lewerentz)

Die Führung durch die Ausstellung des Landesmuseums führte durch verschiedene Schlossräume wie z.B. das Turmzimmer, das Empfangszimmer oder den Thronsaal. Diese Räume waren mit historischem Mobiliar geschmückt, darunter Werke bedeutender Künstler wie Anselm Feuerbach, Franz von Stuck oder Wolfgang Heimbach. Aber auch eine Rüstung aus dem 30-jährigen Krieg sowie das Oldenburger Wunderhorn konnten bestaunt werden.

Nach der Schlossführung blieb genügend Zeit, um die Ausstellung eigenständig zu erkunden. In einer abschließenden Diskussionsrunde unter den Exkursionsteilnehmern wurde übereinstimmend festgehalten, dass es ein sehr informativer, abwechslungsreicher Exkursionstag war, der viele Einblicke in die Oldenburger Stadtgeschichte während der Frühen Neuzeit bot.

Exkursionsbericht: Johanna Meyer und Lea Grote; Fotos: Marcel Lewerentz

Tagesexkursion in die Herrenhäuser Gärten am 16. Juni 2023

Marmorstatue der Kurfürstin Sophie von der Pfalz (Foto: Rickmann)

Am 16.06.2023 besichtigten 20 Studierende der Frühen Neuzeit und zwei studentische Hilfskräfte unter der Leitung von Marcel Lewerentz und Torben Tschiedel bei strahlendem Wetter in einer Tagesexkursion die Herrenhäuser Gärten. Pünktlich um viertel nach neun begaben sich die Teilnehmer:innen mit dem Zug vom Osnabrücker Hauptbahnhof Richtung Hannover, von wo aus die Fahrt mit der S-Bahn zu den Herrenhäuser Gärten fortgesetzt wurde. Dort angekommen, erhielten wir in einer sehr spannenden neunzig-minütigen Führung von Frau Sczeponik durch den Großen Garten viele Hintergrundinformationen zur Geschichte der Welfen, zu den verschiedenen Pflanzen sowie den historischen Funktionen und zur architektonischen Gestaltung der Anlage. Dabei lag der Fokus aufgrund der Gesamtgröße des Gartens von ca. 50 Hektar auf dem Barockgarten in der Nähe des Galeriegebäudes.

Der Große Garten zählt zu den bedeutendsten Barockgärten Deutschlands. Seine Geschichte ist untrennbar mit der Geschichte der Welfen verbunden. Ursprünglich diente die Gartenanlage dem Leineschloss als Versorgungshof für Obst und Gemüse. Herzog Johann Friedrich ließ unmittelbar nach seinem Amtsantritt 1665 den Hof zu einer Sommerresidenz ausbauen. Unter der Regentschaft von Kurfürst Ernst-August von Braunschweig-Lüneburg und seiner Gemahlin Sophie wurden das Schloss und der Große Garten erweitert. Das Projekt wurde jedoch federführend auf Initiative von Sophie umgesetzt. Da sie in den Niederlanden auswuchs, diente ihr die niederländische Gartenkunst als Inspiration. Allerdings sind ebenfalls Einflüsse aus Italien und Frankreich erkennbar. Nachdem das Leineschloss nicht mehr als repräsentativ galt, errichteten Ernst-August und Sophie 1694 ein Galeriegebäude. Als Symbole für die Kurwürde verzierten ein Kreuz sowie die Initialen S und E.A. die schmuckvolle Außenfassade.

Schloss Herrenhausen (Foto: Lewerentz)

Um die höfische Gesellschaft zu unterhalten, durfte auf dem großen und prächtigen Gelände selbstverständlich ein Heckentheater nicht fehlen. Es bot bis zu 500 Personen Platz. Je nach finanzieller Lage des Hofes traten dort entweder engagierte Schauspieler oder behelfsweise Bedienstete auf. Gelegentlich übernahm sogar der Kurfürst eine kleinere Rolle in einem Stück. Nachdem sich leider keiner der Teilnehmer:innen dazu überreden lassen konnte, während unserer Führung selbst die Bühne zu betreten, genossen alle den Blick auf die Bühne. Wie wir durch Frau Sczeponik erfahren durften, sind von den 27 vergoldeten Bleistatuen 17 im Originalzustand erhalten geblieben. Generell wurde seitens der Stadt Hannover Verantwortlichen versucht, das Heckentheater durch entsprechende Bepflanzung mit Hainbuchenhecken, Buchsbaum und Lindenbäumen möglichst originalgetreu wiederherzustellen.

Im Anschluss daran führte uns der Weg in südliche Richtung, vorbei an den Schwanenteichen (leider ohne Schwäne) hin zu den Sondergärten. Dort hatten alle Teilnehmer:innen die Möglichkeit, sich vier Sondergärten, den Rasengarten, den Rokokogarten, den Barockgarten und den Niederdeutschen Rosengarten, genauer anzusehen. Dabei stach der Rosengarten durch seine Farbenvielfalt besonders heraus und wir konnten einen guten Eindruck der verschiedenen Stile gewinnen. Sehen und gesehen werden, war früher das Motto. Um sich der Gesellschaft als Regent angemessen zu zeigen und seine Macht zu demonstrieren, wurde eine Aussichtsplattform errichtet, auf die wir uns ebenfalls begeben haben. Von dort aus konnte man ebenfalls den Irrgarten sehen, den einige Studierende später erkundeten. Zum Glück ging dabei niemand verloren.In der Grotte, die nicht nur früher der höfischen Gesellschaft, sondern auch uns heute beim warmen Wetter eine angenehme Abkühlung verschaffte, konnten wir uns kurz von der Hitze erholen. Einige Zeit wurde die Grote achtlos als Abstellkammer verwendet, bis sie von der französischen Künstlerin Niki de Saint Phalle zwischen 2000 und 2002 umgestaltet wurde. Das Innere der Grotte kleidete de Saint Phalle mit kunstvollen Mosaiken und modernen Statuen aus. Die Führung endete kurz darauf vor der Großen Kaskade, einem künstlich angelegten Wasserfall. In der Kaskade sind Muscheln und Schnecken verarbeitet und in zwei Nischen befinden sich Statuen der Göttinnen Venus und Leda.

Die Glockenfontäne im Großen Garten (Foto: Rickmann)

Der Rest des Tages stand uns zur freien Verfügung. Einige besuchten das anliegende Schlossmuseum, andere schlenderten durch die vielen Gärten. Dabei konnten letztere die große Fontäne im hinteren Teil des Gartens bestaunen, die heute bei Windstille eine Höhe von 72 m erreichen kann. In den 1720er-Jahren erreichte die Fontane zwar “nur” 36 m, übertrumpfte damit dennoch die Fontänen von Versailles. Eine weitere Besonderheit des Gartens ist die Statue von Kurfürstin Sophie, die als einzige im gesamten Garten aus Marmor besteht und an der Stelle steht, an der Sophie gestorben sein soll.

Dann war es auch schon Zeit, nach Osnabrück zurückzukehren und wir begaben uns zum Hannoveraner Hauptbahnhof. Während der gesamten Fahrt kam es bereits zum regen Austausch zwischen den Studierenden. Dabei wurde unter anderem hervorgehoben, wie glücklich wir uns schätzen können, dass die Herrenhäuser Gärten in diesem Zustand heutzutage noch vorhanden sind. Denn im Gegensatz zu anderen Gärten aus der Zeit wurden die Gärten nicht im Stil der englischen Landschaftsgärten umgestaltet. Insgesamt fand die Veranstaltung bei allen Teilnehmenden positiven Anklang und bot einen neuen Einblick in die Herrscherrepräsentation in der Frühen Neuzeit.

Die Exkursionsgruppe der Frühen Neuzeit in den Herrenhäuser Gärten in Hannover (Foto: Lewerentz)

Exkursionsbericht: Katharina Kosubek und Sarah Rickmann
Fotos: Marcel Lewerentz und Sarah Rickmann

Tagungsbericht zum Doktorand*innen-Workshop in Bonn am 31. Mai 2023

Zu einem fachlichen Austausch und Diskussionen über neue Forschungsprojekte trafen sich Doktorandinnen und Doktorand der Frühen Neuzeit am 31. Mai in Bonn. Im Rahmen eines eintägigen Workshops bot sich den Promotionsstudierenden unterschiedlicher Universitäten die Möglichkeit, ihre laufenden Dissertationsvorhaben aus dem Bereich der Geschichte der Frühen Neuzeit und der Rheinischen Landesgeschichte einem breiteren Publikum vorzustellen und sich zu vernetzen. Nachdem die Veranstaltung im vergangenen Jahr an der Universität Osnabrück ausgerichtet worden war, hatte nun die Rheinische Friedrich-Wilhelms-Universität Bonn als gastgebende Einrichtung eingeladen. Bereits seit 2019 findet einmal jährlich dieses von Prof. Dr. Ulrich Niggemann (Institut für Europäische Kulturgeschichte (IEK), Universität Augsburg), Prof. Dr. Michael Rohrschneider (Zentrum für Historische Friedensforschung (ZHF), Universität Bonn) und Prof. Dr. Siegrid Westphal (Forschungszentrum Institut für Kulturgeschichte der Frühen Neuzeit (IKFN), Universität Osnabrück) als Kooperation organisierte Format statt. Auch die Osnabrücker Doktoranden Marcel Lewerentz und Torben Tschiedel konnten hier ihre Promotionsvorhaben vorstellen. Begleitet wurden die beiden dabei von Prof. Siegrid Westphal und Dr. Ludwig Schipmann sowie den studentischen Hilfskräften Esra Grun, Michelle Ostermaier, Felix Lange und Markus Horbach, die so einen ersten Einblick in die Arbeitsprozesse und Ansätze für Dissertationen gewinnen konnten.

Das Rathaus in Bonn

Die in Bonn vorgestellten Projekte zeigten eine große Bandbreite. Johannes Kaminski (Bonn) sprach zu Beginn über ausgewählte Kölner Rechenbücher und arithmetische Lehrbücher in der Frühen Neuzeit. Eine ihrer Besonderheiten lag in der Verknüpfung aus Beschreibung und graphischen Elementen. Deutlich machte er, dass solche Bücher sich als ein Rüstzeug für die alltägliche Arbeit u.a. an den Kaufmannsstand Kölns richteten. Die Rechenmeister mussten so zwar als Praktiker agieren, aber dennoch auch didaktisch begabt sein.

In enger thematischer Nähe zum Gastgeberort, dem Zentrum für Historische Friedensforschung, bewegt sich Torben Tschiedel (Osnabrück) mit seinem Promotionsprojekt. In seinem Vortrag machte der seinen Ansatz eines Friedensprozesses durch Scheitern von Verhandlungen deutlich. Konkret möchte er in seinen Forschungen den Fokus auf eine Neubewertung des Prager Friedens im Kontext des Westfälischen Friedenskongresses legen. Tschiedel betonte, dass Scheitern nicht als diagnostizierbare Tatsache, sondern als eine Konstruktion zu verstehen sei, die einem Zuschreibungsprozess unterliege. Die negative Stigmatisierung von „gescheiterten“ Friedensprozessen führe in der geschichtswissenschaftlichen Arbeit zu einer zu einer Suche nach Baufehlern, demgegenüber eröffne ein reflektierter Blick vielmehr neue Erkenntnismöglichkeiten. So sei auch die Konnotation des Prager Friedens als „gescheitert“ zu hinterfragen.

Die Stadt Hamburg als Medienzentrum des späten 17. Jahrhunderts nahm Claudia Heise (Augsburg) in den Blick. Als Medienverbundanalyse angelegt, untersuchte sie dabei die Strukturen und Dynamiken in Hamburg während der sogenannten „Jastram-Snitgerschen Wirren“. Ausgehend von einem breiten Korpus aus publizistischen und nicht-publizistischen Quellen gelte es, das Konstrukt der Medienstadt Hamburg zu überprüfen und Rückkopplungen zwischen Medien und Stadtgeschehen aufzuzeigen. 

Ebenfalls auf dem Feld der Medien- & Kommunikationsgeschichte bewegte sich Marcel Lewerentz (Osnabrück). Anhand von periodischen Zeitungen möchte er das Frankreichbild in der deutschsprachigen Presse zur Zeit Ludwigs XIV. herausarbeiten. Zentral sei hierbei vor allem die Frage, inwiefern Zeitungen Ende des 17. Jahrhunderts zur Konstruktion Frankreichs als ein „Reichsfeind“ beitrugen, obwohl sie sich ihrem Selbstverständnis nach als ein neutrales Medium verstanden. Lewerentz stellte am Beispiel der Zerstörungen Heidelbergs im Neunjährigen Krieg heraus, dass die Zeitungen zwar einerseits ein negatives Frankreichbild gezeichnet hätten, dies aber andererseits auch um Zwischentöne ergänzten, sodass sie nicht gänzlich der Gallophobie der Flugpublizistik folgten. In der weiteren Arbeit müsse das Spannungsfeld der periodischen Zeitungen als Medium eines potentiellen Gallotropismus nun vertieft untersucht werden.

Ludwig van Beethoven

Die deutsch-mexikanischen Beziehungen um 1800 nahm Marie Ontiveros (Bonn) in den Blick. Dabei sprach sie über Strategien und Methoden des Wissenschafts- und Technologietransfers im Kontext des Bergbaus und des Austausches von mineros zwischen deutschsprachigen Territorien und Neuspanien. Sie stellte insbesondere die Frage, wie Wissen in verschiedenen sozialen, wissenschaftlichen und geographischen Räumen zirkulieren und sich beeinflussen konnte. 

Abschließend setzt sich Matthias Lehmann (Augsburg) mit intraimperialer Reiseliteratur des 18. und 19. Jahrhundert auseinander. Er untersuchte, wie sich koloniale Narrative in solchen Texten widerspiegeln, die sich mit europäischen Regionen auseinandersetzten. Einen Fokus legte Lehmann dabei unter anderem auf die Alteritätswahrnehmung englischer Autorinnen und Autoren zu Schottland. Indem sich manche Narrative auch europaintern zeigten, ließen sich die untersuchten Räume auch als postkoloniale Räume lesen.

In der Pause zwischen den Vorträgen führte Herr Rohrschneider die Teilnehmenden durch das ZHF. Dabei wurde ihnen ein Einblick in die umfangreiche Fachbibliothek zur Friedensforschung sowie den breiten Quellenbestand auf Mikrofilm der Acta Pacis Westphalicae (APW) gewährt. Neben dem fachlichen Austausch war darüber hinaus auch Zeit, die ehemalige Bundeshauptstadt zu erkunden. Bei sonnigem Maiwetter ging es am Vorabend der Tagung über Bonner Münster und Münsterplatz, mit dem Denkmal des gebürtigen Bonners Ludwig van Beethoven, zum ehemaligen fürstbischöflichen Residenzschloß in den Hofgarten, heute Hauptsitz der Universität Bonn. Nach einem Spaziergang an der Rheinpromenade trafen sich alle Teilnehmenden zu einem gemeinsamen Abendessen am Marktplatz und kamen so fachlich wie persönlich ins Gespräch.

Bei der Abschlussdiskussion nach den Vorträgen betonten alle Teilnehmenden dem fruchtbaren Charakter dieses Formats. Die Doktorand*innen schätzten den fachlichen Input und den neuen Blick auf ihre Projekte. Es wurde deutlich, dass viele Arbeiten untereinander Anknüpfungspunkte bieten. Die Diskussionen waren daher äußert gewinnbringend und produktiv. Auch die Organisatorinnen und Organisatoren des Workshops, Ulrich Niggemann, Michael Rohrschneider und Siegrid Westphal, zeigten sich äußerst zufrieden. Alle stellten heraus, dass diese Kooperation unbedingt weiterzuführen sei, und blickten freudig auf das nächste Treffen im kommenden Jahr, dann an der Universität Augsburg.

Tagungsbericht und Fotos: Marcel Lewerentz

"Schwarz weiß. Preußen und der Kolonialismus". Tagesexkursion ins LWL-Preußenmuseum nach Minden am 26. Mai 2023

Die Exkursionsgruppe der Frühen Neuzeit in Minden

Am 26. Mai 2023 begaben sich die Teilnehmerinnen und Teilnehmer unter der Leitung von Herrn Lewerentz und Herrn Tschiedel auf eine Exkursion nach Minden. Es galt, den preußischen Kolonialismus zu erforschen und dafür schien die ehemalige preußische Garnisonsstadt hervorragend geeignet. So gab es neben den Kirchen und dem Dom auch noch erhaltene Militärbauten zu sehen, wie ein preußisches Proviantmagazin oder die Defensionskaserne. Letztere war für uns von Anfang an von großem Interesse, da mittlerweile das LWL-Preußenmuseum dort eingezogen war und eine Ausstellung zum preußischen Kolonialismus anbot.

Bis zum Museum war es aber noch ein weiter Weg. Ganz im Sinne preußischer Pünktlichkeit fuhren wir gegen viertel nach neun in Osnabrück ab mit dem Ziel: Bahnhof Minden. Dort angekommen deutete zunächst nichts auf Preußen oder Kolonialgeschichte hin und uns wurde bewusst, wir brauchen dringend mehr Hintergrundwissen über die Stadt. Zu diesem Zweck hatte unsere Exkursionsleitung bereits eine Stadtführung im Vorfeld gebucht, worauf wir uns umgehend auf den Marsch in Richtung Mindener Innenstadt begaben.

Haus Schmieding

Am Rathaus in Minden war nun der eigentliche Startpunkt unserer Exkursion erreicht. Voller Erwartungen und Neugierde nach spannenden Informationen über die Geschichte Mindens und die Rolle Preußens dabei, warteten wir auf unsere Stadtführung. Dabei schien es zunächst auch zu bleiben, als Herr Lewerentz uns mitteilte, dass die Stadtführung uns vergessen hatte. Nichtsdestotrotz gelang es unseren Exkursionsleitern, einen schnellen Ersatz mit der Stadt Minden auszuhandeln. Neben einer verkürzten Stadtführung erfolgte ein spontaner Besuch der Domschatzkammer, sodass wir nachfolgend kostbare Reliquienschreine und aufwendig gefertigte Metall- und Holzarbeiten (teilweise noch aus mittelalterlicher Zeit) bestaunen konnten. Eine Besonderheit stellte das Mindener Kruzifix dar, insbesondere weil es als ein seltenes Großkreuz aus dem 11. Jahrhundert gefertigt wurde. 

Nachdem wir die Domschatzkammer wieder verlassen hatten, konnte unsere Exkursionsgruppe mit dem in der Zwischenzeit organisierten Stadtführer fast wie geplant weiter auf Entdeckungsreise gehen und wir begannen direkt beim Dom. Wir erfuhren, dass der Dom bei einem Besuch König Heinrichs IV. niederbrannte, weil die örtliche Bevölkerung nicht für die Verpflegung von König und Gefolge aufkommen wollte und der Konflikt schließlich in Gewalt ausuferte. Außerdem beherbergt der Dom eine sehr seltene Mariendarstellung (Emerentia Selbviert), bei der allerdings das Jesuskind abhandenkam und somit Maria mit leeren Händen vor uns stand. Erwähnenswert ist außerdem noch die fast vollständige Zerstörung des Doms zum Ende des Zweiten Weltkrieges und der Wiederaufbau des Doms trotz kleiner katholischer Gemeinde in Minden.

Mindener Dom

Preussenmuseum

Vom Dom weg hin zu den Spuren preußischer Geschichte in Minden brachte uns die Stadtführung, als wir das ehemalige Proviantmagazin mit angeschlossener Bäckerei erreichten. Das große Gebäude aus dem frühen 19. Jahrhundert diente zur Verpflegung des Militärs, welches seit dem Westfälischen Frieden unter preußischer Fahne die Stadt zur Garnison ausbaute und befestigte. Gerne hätten wir auch noch weitere Überreste der ehemaligen Garnisonsstadt an der Weser untersucht, allerdings war es auch Zeit für eine erste Pause. Somit schloss unsere Stadtführung vor dem Haus Schmieding mit seinem „Epochenfries“ aus dem 20. Jahrhundert würdig ab.

Der Pause folgte dann der Besuch der Ausstellung „Schwarz weiß. Preußen und Kolonialismus“ im LWL-Preußenmuseum. Die Ausstellung wurde bis zum 10. September verlängert und stellt eine Kooperation zwischen dem Museum und Studentinnen und Studenten der Universität Bielefeld dar. Unsere Exkursionsgruppe bekam eine Führung durch die Ausstellung, die besonders einprägsam drei Einzelschicksale von schwarzen Menschen in Minden rekonstruieren konnte. So wurde ein afrikanischer Junge in das deutsche Kaiserreich verkauft und bekam den Namen Alagabo Timm. Ein Afrikaforscher kaufte den Jungen aus elenden Verhältnissen auf, sah ihn aber auch mehr als Last für seine Forschungsfinanzierung, sodass sich Alagabo Timm selbst helfen musste (u.a. durch Zirkusauftritte). Neben den Recherchen zu Einzelschicksalen konnten Pläne zur GEWA ausfindig gemacht werden, der Gewerbeausstellung von 1914. Dabei handelte es sich um einen Vorläufer von Unterhaltungsparks mit Gastronomie. Die Unterhaltung sollte durch die Völkerschau erfolgen, eine reine Zurschaustellung von entführten Menschen die anschließend „kulturtypisches Verhalten“ aufführen sollten. Jedoch waren diese Tänze, die Kleidung oder andere Bräuche vorgeschrieben und hatten absurderweise nichts mit der tatsächlichen Kultur etwa von somalischen Kriegern zu tun. Zudem wurden die Menschen meist unter Vorspiegelung falscher Tatsachen ins Kaiserreich gebracht, auch mit Gewalt. Insbesondere diese zwei Rechercheprojekte des Bielefelder-Teams überzeugten uns durch Anschaulichkeit, Verständlichkeit und weckten unser Interesse.

Kritisch merkten wir in der anschließenden Besprechung unserer Eindrücke unter anderem an, dass sich die Ausstellung zwar im Namen auf Preußen bezieht, allerdings wenig zu den kleinen ursprünglich preußischen Besitzungen in der Karibik oder im heutigen Ghana gezeigt wurde. Vielmehr beschäftigte sich die Ausstellung mit dem Deutschen Kaiserreich, das aus Brandenburg-Preußen hervorging. Eine Einordnung zu Beginn der Ausstellung wäre sehr hilfreich gewesen, besonders mit Blick auf das Thema Dreiecks- und Sklavenhandel sowie möglicher Fallzahlen. Aufgefallen ist uns zudem noch ein Projekt, bei dem die Besucher „ihren rassistischen Müll“ entsorgen können. Es handelte sich um einen transparenten Kunststoffbehälter, in den man zeitgenössische Literatur oder ähnliche Quellen und Überreste „entsorgen“ sollte. Leider wurde die Idee hinter diesem kontroversen Modell nicht weiter erläutert, weder bei der Führung noch ausreichend durch Textbeschreibungen am Behälter.

Davon abgesehen schlossen wir die Rekapitulation mit eigenen Überlegungen dazu ab, inwiefern wir mit einer Schulklasse die Ausstellung besuchen können, ob eine Führung hinzugebucht werden solle oder die Klasse selbständig die Ausstellung erkunden könne. Die Ergebnisse fielen sehr vielfältig aus, zumal aus der Ausstellung auch für mögliche zukünftige Forschungsprojekte am Historischen Seminar der Universität Osnabrück Ideen hervorgingen. Und somit konnten wir die Exkursion am Abend mit vielen Ideen und doch etwas müde auf dem Rückweg nach Osnabrück beenden.

Exkursionsbericht: Nils-Peter Stonjek, Fotos: Marcel Lewerentz